Blog-O-Quest #49: Erotik

Ausnahmsweise beteilige ich mich diesen Monat am Blog-O-Quest, weil mich das Thema, Erotik, interessiert und weil ich auch die Fragen von Nerd-Gedanken gut gewählt finde. Also, ans Werk! Ich sage es hier ausnahmsweise dazu: Ich verwende den generischen Maskulin, es sind damit jeweils alle Geschlechter gemeint.

1. Rollenspiel-Publikationen mit Sonderregeln für körperliche Liebe, Erotik und artverwandte Themen wie beispielsweise „Wege der Vereinigung“ für das System „Das Schwarze Auge“ finde ich ___________________, weil ________________ .

Ich finde sie gut, wenn sie thematisch stimmig sind. Viele Rollenspiele haben sehr ausführliche Regeln für Kampfsituationen, weil die gewaltsame Konfliktlösung thematisch einen großen Raum in ihnen einnimmt. Das passt zum Quellenmaterial und hat sich bewährt. Genauso kann man auch ausführliche Regeln für etwas anderes haben, wenn es thematisch einen großen Raum einnehmen soll und das zum Quellenmaterial passt.

Sich mit dem Quellenmaterial für Sex und Erotik auseinander zu setzen, würde den Rahmen dieses Blogposts sprengen. Du wirst viele Rollenspieler finden, für die es die persönliche Schamgrenze überschreitet, explizit erotische Inhalte im Rollenspiel vor den Mitspielern zu thematisieren. Das gilt es zu respektieren, die sind dann eben nicht Zielgruppe. 

Es gibt aber auch Leute wie mich, die an solchen Themen durchaus ihre Freude haben und darin nichts sehen, wofür man sich schämen muss. Und schließlich gibt es Leute, die ihre persönliche Schamgrenze zum kategorischen Imperativ erklären und etwas dagegen haben, dass Leute wie ich solch schamlose Dinge tun. Deren Argumente möchte ich hier nicht zitieren, ich halte sie für bigott und sehe darin den Ausdruck einer altmodischen und überkommenen Moralvorstellung. Dieser Standpunkt mag kontrovers sein, aber ich bin von ihm sehr überzeugt.

Wichtig ist in jedem Fall, dass Spielregeln und Spielinhalte stimmig sind und es tatsächlich möglich ist, damit so etwas wie eine ernsthaft erotische Stimmung am Spieltisch zu erzeugen. WdV kenne ich nicht, bin bei 4.0 aus DSA ausgestiegen, bin aber fast in Versuchung (hihi), mir dieses spezielle Büchlein zuzulegen. Ich selber habe z.B. mit Barbaren! einen satirischen Zugang gewählt, der zunächst eine ironische Distanz schafft. Die Regeln formen das Narrativ, doch ob es mehr oder weniger albern, mehr oder weniger explizit zugeht, bleibt den Mitspielern überlassen. Ich habe damit ein breites Spektrum an Szenen gespielt, komische Szenen, prickelnde Szenen, pornografische Szenen. Das Thema Sexismus steht dabei natürlich auch im Raum, dazu verweise ich auf den Thread im Tanelorn.

Deshalb ist letztendlich die persönliche Schamgrenze auch nicht die einzige Grenze, die bei erotischen Inhalten zu beachten ist. Auch dann, wenn in der Gruppe deutlich abweichende Einstellungen zu Homophobie, Sexismus und ähnlichen Themen bestehen, sollte man lieber einen weiten Bogen um Erotik machen. Daher empfehle ich auch Zurückhaltung, was explizite Spielberichte angeht. Nicht alles, was im Schlafzimmer und am Spieltisch passiert, gehört in die Öffentlichkeit.

2. Besuche im Puff, Stripclub oder in Tempeln von Gottheiten mit Schwerpunkt körperlicher Freuden sind für manche Tischrunden oder Spielumfelder völlig normal, für andere undenkbar. Was haltet ihr davon?

Der klassische Rahjatempelbesuch ist ja die harmlose Variante: Hier wird Erotik nicht ernstlich thematisiert, es steht nichts auf dem Spiel, es ist nicht zentral, sondern nur beiläufig, aber man kann eben mal die Zehen ins Wasser tauchen und schauen, wie es sich anfühlt. Und natürlich kann man dies auch als Anknüpfungspunkt für die Selbstbeschäftigung des Spielers mit seinem Charakter und der Welt verwenden. 

Es ist letztlich nur ein weiterer Aspekt des Eskapismus, der dem Rollenspiel innewohnt: Wir stellen uns vor, stark, klug und mächtig zu sein, über Magie oder Superkräfte zu gebieten, in einer Welt voller Wunder zu leben, warum sollten wir uns nicht auch vorstellen, potent und promisk zu sein? Natürlich gilt es wiederum, auf die persönlichen Schamgrenzen der Mitspieler Rücksicht zu nehmen und etwaigen politischen Streitpunkten aus dem Weg zu gehen. 

3. Der erotischste NPC, der/die mir in meiner ganzen Spielkarriere bisher begegnet ist, war _________ und ist mir wegen ______ besonders im Gedächtnis geblieben.

Ich empfinde weniger einen NSC an sich als erotisch und mehr die Beziehung und Interaktion des NSC mit meinem SC. Mir ist z.B. eine Reign-Runde bei Joerg.D in Erinnerung geblieben, in der mein Charakter eine Affäre hatte, die falsch und gefährlich war und unausweichlich auf ein tragisches Ende zusteuerte, doch mein SC konnte nicht anders, und daraus erwuchs die Erotik. Details möchte ich lieber für mich behalten, denn wie bereits erwähnt: Nicht alles, was im Schlafzimmer und am Spieltisch passiert, gehört in die Öffentlichkeit.

4. Fähigkeiten wie „Verführen“ bemessen die Geschicklichkeit eurer Charaktere, ihnen einen NPC durch erotisches Geplänkel gewogen zu machen. Wie nutzt ihr diese am Spieltisch – wird gewürfelt, ausgespielt oder eine andere Option?

Verführen ist eine Fertigkeit wie jede andere auch: Der Wurf auf Verführen kommt dann ins Spiel, wenn der Ausgang einer Aktion nicht klar ist. Bei einer uninteressanten Szene kann der Wurf das Ausspielen komplett ersetzen, bei einer interessanten Szene hingegen wird die Szene bis zu dem Punkt ausgespielt, wo eine Reaktion wirklich auf der Kippe steht.

Der Konflikt in der Szene ist ja: Kriegst du den NSC rum, oder nicht? Durch das Ausspielen der Szene wird dieser Konflikt verhandelt, was du tust und sagst, sind deine Argumente, und der SL beurteilt diese, auch anhand von ggf. vorhandenem SL-Wissen, über das du nicht verfügst. Er kann sich dabei in Richtung Wahrscheinlichkeit oder Dramaturgie lehnen, aber jede Reaktion muss zumindest plausibel sein.

In manchen Fällen wird es ganz klar sein, dass der NSC dir die Tür vor der Nase zuknallt und jetzt stinksauer auf dich ist. In anderen Fällen ist es vielleicht schon vorher etabliert gewesen, dass der NSC auf dich steht, und daher wirst du, wenn du dich nicht doof anstellst, auch Erfolg haben. In wieder anderen Fällen lässt sich nicht mit letzter Klarheit sagen, wie der NSC dann wirklich reagiert, wenn du deinen Move machst. In diesen Fällen hat der SL, um es mit Vincent Baker zu sagen, zwei Möglichkeiten: Say yes, or roll the dice.

Dies gilt selbstverständlich nicht für das Verführen von anderen SCs. Hier hat immer der Spieler des SCs das letzte Wort, und der kann immer, jederzeit, nein sagen. Es hindert ihn allerdings auch nichts daran, dich um einen Verführen-Wurf zu bitten, wenn er selber unschlüssig ist.

5. Im LARP gibt es dagegen seit Jahren entsprechende Regeln, in anderen RPG-Umgebungen hat sich das aber längst nicht so weit verbreitet: Wie geht ihr mit dem Thema „sexualisierte Gewalt“ im Rollenspiel um?

Der Grundsatz ist, sexualisierte Gewalt im Rollenspiel ganz außenvor zu lassen, dies ist am Sichersten und gerade auf Con-Runden oder generell mit unbekannten Spielern in den allermeisten Fällen zu empfehlen. Denn bekanntlich kann sexualisierte Gewalt für gar nicht mal so wenige unserer Mitmenschen ein Trigger sein, und selbst unter denen, die es nicht triggert, gibt es viele, die es ganz und gar geschmacklos finden, sexualisierte Gewalt im Rollenspiel zu thematisieren. Selbst gewaltfreie erotische Inhalte sollte man nicht ohne Vorwarnung auf Spieler loslassen, deren Einstellung dazu man nicht kennt.

Gleichwohl gilt, für sexualisierte Gewalt genauso wie für Erotik: Erlaubt ist, was gefällt (aber nicht alles gehört in die Öffentlichkeit). Wenn sexualisierte Gewalt in Filmen und Büchern ein Thema sein kann, dann kann sie es auch im Rollenspiel. Es gilt hier einfach besonders transparent im Vorfeld abzuklären, was für eine Art von Runde es wird und wo die roten Linien der Mitspieler verlaufen. Safewords oder X-Cards habe ich bisher noch nicht verwendet. Ich finde das nicht blöd, habe aber bislang die Notwendigkeit nicht gesehen, da ich solche Runden ohnehin nur mit Leuten spiele, die ich gut kenne und denen ich auch ohne formalisiertes Signal zutraue, sich zu melden, wenn es ihnen nicht gut geht.

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