Pimp my D&D5: Personality Traits

Bisher in dieser Reihe:
Inspiration and Personality

Wer seine Kampagne dramaturgisch aufpimpen möchte, sollte bereits bei der Charaktererschaffung ansetzen und insbesondere die Personal Characteristics unter die Lupe nehmen. Wir beginnen mit den Personality Traits. Aus dramaturgischer Sicht haben diese zwei Funktionen:

Charakterisierung

Echtes Drama macht nicht bei der oberflächlichen Charakterisierung einer Figur halt, doch es darf sie auch nicht vernachlässigen. Ein glaubwürdiger Charakter sollte in seinem Auftreten und Verhalten konsistent und wiedererkennbar sein. Personality Traits bieten hierfür ein gutes Werkzeug, wenn man sie richtig, nämlich pointiert, wählt. In einer typischen D&D-Runde ist zwischen Action, Exploration und Regelwerk nur wenig Raum für Charakterdarstellung. Eine komplexe, nuancierte Charakterisierung der Figur würde untergehen. Die Kunst ist daher, mit ein oder zwei pointierten Eigenheiten, auf die man immer wieder zurückgreift, dennoch ein klares und einprägsames Bild des Charakters zu zeichnen. Hierzu sollten Personality Traits ein ganz konkretes, gut darstellbares Verhalten beschreiben.

Als Spieler solltest du dir überlegen, wie ernst oder humorvoll du deinen Charakter darstellen möchtest. Slapstick und übertriebene Albernheit finde ich eher anstrengend, doch ansonsten ist Humor ein guter Weg, deinen Charakter sympathisch zu machen. Da besteht kein Widerspruch zum dramaturgischen Spiel, Humor passt gut zu den tempo- und actionreichen Geschichten, die D&D normalerweise erzählt. Manche DMs zielen jedoch auf eine ernstere Atmosphäre (z.B. Dark Fantasy oder Horror), das wird dir dein DM dann schon sagen und dann sind humorvolle Personality Traits eher unangemessen.

Komplikationen

Jeder Personality Trait kann mal Quelle von Komplikationen sein. Wenn das geschieht, erhält der Spieler Inspiration. Einige Personality Traits sind speziell auf Komplikationen ausgelegt, diese nenne ich schlechte Angewohnheit (und der Übergang zum Flaw ist im Einzelnen fließend). Schlechte Angewohnheiten werden regelmäßig für Konflikte mit den anderen SCs oder auch mit verbündeten NSCs sorgen. Solche Konflikte können das Spiel interessanter machen, man muss dabei aber die richtige Balance finden, damit es nicht anfängt zu nerven. Nicht jeder in der Gruppe muss schlechte Angewohnheiten haben, manche Charaktere sind grundsympathische, umgängliche Typen und das ist auch völlig okay. Wenn du einen deiner Personality Traits für eine schlechte Angewohnheit verwenden willst, empfehle ich dir, auf folgendes zu achten:

  • Stimme dich mit deinen Mitspielern und dem DM ab und gehe sicher, dass sie cool damit sind.
  • Nimm nie für beide Personality Traits eine schlechte Angewohnheit. Statte deinen Charakter mit Redeeming Qualities aus, die ihn trotz seiner schlechten Angewohnheit noch zu einem Sympathieträger machen.
  • Behalte den Spielfluss im Auge und übertreibe es nicht mit dem Ausspielen deiner schlechten Angewohnheit.
  • Überlege, ob dein Charakter versucht, sich zu bessern und seine schlechte Angewohnheit zu überwinden. Ob es ihm gelingt oder nicht, muss sich aus dem Spiel ergeben. Wenn es ihm gelingt, wähle einen neuen Personality Trait.

Für den DM ist eine schlechte Angewohnheit eine Einladung, den SC in Situationen zu bringen, in denen die schlechte Angewohnheit zum Problem wird. Wichtig: Ob der SC seiner schlechten Angewohnheit nachgibt oder sich im Griff hat, entscheidet allein der Spieler. Gibt er ihr nach, erhält er Inspiration, allerdings hat sein Verhalten auch Konsequenzen. 

Warte als DM zunächst ab, wie die anderen SCs auf die schlechte Angewohnheit reagieren. Ggf. ergibt sich bereits hieraus genug Konflikt und Drama, und du musst höchstens mal ein bisschen Öl ins Feuer gießen. Wenn die anderen SCs sich jedoch mit der schlechten Angewohnheit arrangieren, sollte früher oder später ein wichtiger verbündeter NSC auftauchen, der dies nicht so einfach tut.

Beispiele

Schauen wir uns die Beispiele aus dem PHB zu den einzelnen Backgrounds einmal an. Zu jedem Personality Trait solltest du dir als Spieler ein paar konkrete Gedanken machen, wie du diesen im Spiel darstellen willst. Am Besten notierst du dir 2-3 typische Zitate.

Acolyte

Die Beispiele im PHB (p. 127) sind okay für die o.g. Zwecke. Die Nr. 6 in der Variante “intolerant” wäre eine schlechte Angewohnheit, genau wie die Variante 8, falls sich die Weltfremdheit in einem besonders arroganten und/oder naiven Verhalten äußert, das dem Charakter regelmäßig Ärger einhandelt.

Charlatan

Die Beispiele (p. 128) sind weitgehend gut, die 5 (lügt), 6 (beleidigt andere) und 8 (klaut) sind ziemlich schlechte Angewohnheiten, passt im Genre aber zu diesem Archetyp, wichtig ist dabei das Augenmaß. Der Charakter sollte die anderen SCs nicht so sehr anpissen, dass sie ihn, wenn sie konsequent wären, eigentlich aus der Gruppe werfen müssten. Die 4 (Zocker) ist zu breit, du solltest sie für dich konkretisieren. Bist du ein Adrenalinjunkie, der mit seinem Leben spielt (dann auch schlechte Angewohnheit, eigentlich schon ein Flaw)? Versuchst du ständig, über alles Wetten abzuschließen? Hast du immer deinen Glückswürfel dabei und befragst diesen vor wichtigen Entscheidungen?

Criminal

Von den Beispielen (p. 129) finde ich die 1 und die 3 schwach, diese sind schlecht darzustellen und gehen beide in die gleiche Richtung des vorsichtigen/cleveren Verbrechers, dem nichts entgeht und der sorgfältig plant. Ich würde beides in einem aktiveren, besser darzustellenden Punkt zusammenfassen und einen ganz neuen Punkt hinzufügen:

  • 1: Ich stelle für alles Pläne auf und verteile die Rollen. Ich kann es nicht ausstehen, wenn meine Gefährten meine Pläne nicht befolgen oder ohne gute Planung losschlagen.
  • 3: Ich kann Reiche und Adlige nicht ausstehen, die sind für mich die wirklichen Kriminellen. Ich lasse keine Gelegenheit aus, sie zu bestehlen oder zu blamieren.

Die 4 (mache lieber neue Freunde als neue Feinde) muss, damit sie funktioniert, aktiv ausgelegt werden: Du versuchst ständig aktiv, Freunde zu gewinnen, mit anderen Worten, du bist ein Netzwerker. 5-8 gehen alle als schlechte Eigenschaften durch, die 5 (slow to trust) sollte wiederum nicht passiv ausgelegt werden, sondern als aktive Paranoia. Die 7 ist besonders dankbar in einer humorvollen Runde (“NIEMAND nennt mich feige Sau!”)

Entertainer

Von den Beispielen (p. 130) finde ich die 8 (Stimmungsschwankungen) problematisch, um plötzliche Stimmungswechsel regelmäßig darzustellen, müsste man ja erst einmal die vorherige Stimmung als Plattform aufbauen, um diese dann mit der neuen Stimmung einzureißen, dafür wird in einer D&D-Runde selten Raum sein. Außerdem wirkt der Charakter dadurch eher beliebig als konsistent. Ich würde das ersetzen durch:

  • 8: Ich werde oft aus nichtigem Anlass melancholisch und bin nah am Wasser gebaut.

Der Rest passt, wiederum ist auf eine aktive Auslegung zu achten, das gilt insbesondere für die 2 (du bist, kurz gesagt, ein Klatschmaul) und die 4 (du versuchst jeden Streit sofort zu schlichten). Die 6 (will immer im Mittelpunkt stehen) und 7 (Perfektionist) sind schlechte Angewohnheiten.

Folk Hero

Beim Folk Hero sind die Beispiele (p. 131) weniger gut gelungen, die meisten sind eigentlich Überzeugungen und keine charakteristischen Verhaltensweisen, die sich gut darstellen lassen. Die 6-8 sind okay, wenn sie aktiv ausgelegt werden. Für den Rest schlage ich als Ersatz vor:

  • 1: Ich versuche, Dinge, die ich nicht kenne, zu verstehen, indem ich sie mit Dingen aus meinem Dorf vergleiche und eine Geschichte dazu erzähle.
  • 2: Ich mag aus einfachen Verhältnissen kommen, aber meine Eltern haben mir beigebracht, was sich gehört. Ich biete immer meine Hilfe an, vergesse niemals, Danke zu sagen, bin reinlich und bete vor dem Essen.
  • 3: Ich stehe zu meinem Wort, gebe es häufig und werde wütend, wenn jemand es anzweifelt.
  • 4: Ich bin ein Landei. Ich weiß nicht, wie man sich in der Stadt oder bei Hofe benimmt und es ist mir auch egal, ich behandle die ganze Welt wie mein Dorf.
  • 5: Ich bin ein unverbesserlicher Optimist, glaube stets an das Gute im Menschen und versuche stets, andere aufzumuntern, wenn sie niedergeschlagen sind.

Dann wäre die 4 eine schlechte Angewohnheit und ggf. die 8 (schnell gelangweilt), wenn man sie so auslegt, dass der Charakter, sobald ihm langweilig ist, anfängt, Dummheiten anzustellen.

Guild Artisan

Die Beispiele (p. 133) sind gut, die 5 (unhöflich) würde ich allerdings so auslegen, dass sie sich quasi auf alle bezieht, außer auf die paar wenigen Auserwählten, die es sich in deinen Augen verdient haben, als Gleichgestellte betrachtet zu werden. Zu allen anderen bist du grob und unhöflich. Das ist dann natürlich auch eine schlechte Angewohnheit.

Hermit

Die Beispiele (p. 134) sind okay, die 1 (schweigsam) würde mir persönlich auf Dauer keinen Spaß machen, das sollte man sich gut überlegen, oder mit dem DM besprechen, dass man nach einer Weile “auftauen” könnte und dann einen neuen Trait wählt. Die 4 (empathisch) muss aktiv ausgelegt werden, also du fühlst nicht nur Empathie, du redest auch ständig darüber, wie arm diese Leute dran sind. Die 5 (keine Ahnung von Etikette) kann eine schlechte Angewohnheit sein wie bei den anderen zivilisationsfremden Backgrounds auch. Die 7 (gedankenverloren) muss auch gezielt ausgespielt werden und hat dann auch eher einen humorvollen Touch, genau wie die 6. Für die 3 und die 8 würde ich empfehlen, einschlägige Zitatseiten oder -bücher nach passenden “weisen Sprüchen” zu durchsuchen und ein paar davon vor dem Spiel zu notieren.

Noble

Die Beispiele (p. 135) sind durchwachsen. Die 4 und 5 sind eigentlich fast das gleiche und lassen sich in eins zusammenfassen (du bist ein Gockel). 6 und 7 sind eher Überzeugungen. Außerdem ist die 6 (hält sich nicht für was Besseres) kaum darzustellen, das Besondere ist ja in dem Falle schlicht, dass du dich ganz normal verhältst. Und die 7 ist sehr situativ, sodass man selten Gelegenheit hätte, sie auszuspielen. Stattdessen schlage ich drei neue Punkte vor:

  • 5: Du bist stolz auf deine gute Ausbildung und deine eiserne Disziplin. Du bist stets beherrscht, tust alles akribisch und sagst oft Dinge wie: “Ein [Name deines Hauses] würde nicht…”
  • 6: Du bist überaus patriotisch, benutzt sehr oft den Namen des Souveräns, sprichst von Ritterlichkeit, die Flagge ist dir heilig und du pflegst die Rituale deines Standes.
  • 7: Du verachtest deinen eigenen Stand, redest oft über die Verderbtheit des Adels und bist ein ausgemachter Zyniker.

Auch die übrigen Punkte sind sehr abstrakt formuliert und bedürfen der Konkretisierung auf ein tatsächliches darstellbares Verhalten:

  • 2: Du bist freundlich zu den einfachen Leuten, mit denen du zu tun hast, gibst oft Almosen, handelst nicht oder bezahlst sogar mehr, als gefordert war.
  • 3: Du bist arrogant und selbstverliebt (schlechte Angewohnheit).
  • 8: Du bist stolz, aufbrausend, leicht beleidigt und sehr nachtragend (schlechte Angewohnheit).

Outlander

Die Beispiele für den Outlander (p. 137) sind ebenfalls durchwachsen. Die Hälfte davon ist Backstory oder Überzeugung. Richtig charakteristisches Verhalten sind überhaupt nur 4 und 6, wobei 6 (hebt planlos Sachen auf, macht sie manchmal kaputt) eher humoristisch ist. Mit gutem Willen gehen 2, 5, 7 und 8 noch durch, wenn man es großzügig auslegt: 

  • 2: Du bist eine Glucke.
  • 5: Du hältst reiche und wohlgesittete Leute für verweichlicht und nutzlos und lässt sie das auch bei jeder Gelegenheit spüren (schlechte Angewohnheit).
  • 7: Du redest mit Tieren, auch wenn sie dich nicht verstehen und auch wenn Menschen das mitkriegen. Du isst kein Fleisch, bist gegen jede Form von Tierquälerei bei Nutztieren, und gefangene Wildtiere lässt du frei, auch wenn ihr Besitzer das nicht witzig findet (“sie gehören nicht in einen Käfig”).
  • 8: Du verhältst dich nicht ganz menschlich, zeigst Dominanz- und Rudelverhalten wie ein Wolf, sprichst schleppend wie jemand, der die Sprache zu spät gelernt hat. 

Hier meine Alternativvorschläge für den Rest:

  • 1: Ich bin sehr neugierig und kann einem Rätsel oder einem unbekannten Ort nicht widerstehen.
  • 3: Ich opfere mich für andere auf und kann nicht nein sagen.

Sage

Die Beispiele (p. 138) sind gut, bei 4 und 5 wieder der obligatorische Hinweis auf aktive Auslegung (4: Du bist neugierig, du musst immer allem auf den Grund gehen; 5: Du bremst andere, wenn sie voreilige Schlüsse ziehen, du bestehst darauf, alle Beteiligten zu hören / alle Informationen zu sammeln). 6-8 können schlechte Angewohnheiten sein.

Sailor

Hier sind die Beispiele (p. 139) wieder etwas durchwachsen, 1 ist Überzeugung, 5 ist sehr situativ und lässt sich eigentlich auch mit 3 zusammenlegen. Hier meine Alternativvorschläge:

  • 1: Ich bin der “gute Geist” der Mannschaft, ich versuche immer, für gute Stimmung zu sorgen. Ich weiß darüber bescheid, wenn irgendwer Kummer hat, und bin mit einer Buddel Rum (oder Met) zur Stelle.
  • 5: Ich bin schrecklich abergläubisch und prophezeie ständig großes Unglück.

Und hier ein paar Auslegungshilfen für den Rest:

  • 3: Du nimmst jede Taverne, jedes Besäufnis und jede Schlägerei mit, die du nur kriegen kannst.
  • 4: Du spinnst ständig das allergröbste Seemannsgarn.
  • 8: Du bist stinkefaul und versuchst dich zu drücken, wo du nur kannst (schlechte Angewohnheit).

Soldier

Noch mehr durchwachsene Beispiele (p. 140), 2 und 3 sind sehr ähnlich und auch ein bisschen Spaßverderber, einige andere muss man großzügig auslegen, um sie zu retten. Hier meine Ersatzvorschläge:

  • 2: Ich bin ein zynischer Veteran mit einem schwarzen Sinn für Humor, der Spaß daran hat, die zartbesaiteteren seiner Gefährten mit seinen Geschichten zu verstören, und der sich schwer damit tut, sich zu öffnen.
  • 3: Kameradschaft ist mir sehr wichtig, ich bekunde sie oft und gehe für meine Gefährten durchs Feuer, aber ich erwarte von ihnen das gleiche, und dulde kein egoistisches Verhalten.

Und hier meine großzügigen Auslegungsvorschläge:

  • 1: Du bist ein zackiger, gehorsamer Soldat.
  • 5: Du kennst keine Angst und machst eine ziemliche Show darum, dass du vor nichts Angst hast. Du kannst keiner Mutprobe widerstehen.
  • 6: Du spielst gerne den starken Mann und du machst gerne Sachen kaputt, auch wenn sie jemand anders gehören. Du bist ein Bully (schlechte Angewohnheit).
  • 8: Du hast keine Geduld für das Gelaber deiner Gefährten und schreitest auch schon mal einfach zur Tat, während die anderen noch planen (schlechte Angewohnheit).

Urchin

Die Beispiele (p. 141) sind okay, 3 und 4 kann man zusammenlegen. Ersatzvorschlag:

  • 4: Ich zeige allen, dass ich keine leichte Beute bin. Ich verhalte mich bedrohlich, starre herausfordernd, provoziere, trage Waffen und Narben offen.

5-8 sind schlechte Angewohnheiten. Vorsichtshalber zu zweien noch mal die aktive Auslegung:

  • 6: Du bist paranoid.
  • 7: Du stinkst! 

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